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 J O S E F S C HWA I G E R , TH E E D E R C O L L E C T I O N 

Bild: Neumayr/C. Leopold

„Jeder braucht seinen Truck am Dach“ 

Das ist die Geschichte von einem, der auszog, um heimzukommen. Mit einem Architektur- und Tourismusstudium im Gepäck, aber auch mit Tatkraft, internationalen Eindrücken und vielen Ideen macht er sich die Welt, wie sie ihm gefällt. Zumindest „seine“ Hotelwelt. 2008 stieg Josef Schwaiger in die Geschäftsführung des familieneigenen Hotelbetriebs in Maria Alm ein und seither gibt er Gas. Mit hotelbau sprach „Sepp“ über Wurzeln und Visionen – leidenschaftlich, humorig und „per Du“. 

 

Sepp, wie begann das mit „den Schwaigers“ und der Hotellerie? Und wie kommt die Familie Eder, nach der Eure Unternehmensgruppe benannt ist, ins Spiel? 

Na, eigentlich begann das „Hotelspiel“ mit der Familie Eder und „die Schwaigers“ heirateten mit meinem Vater ein. Mein Ur-Opa, Rupert Eder, legte die Keimzelle für die Hotels. Er lebte in Leogang und hatte zwei Söhne, aber nur einen Bauernhof. Was sollte also der zweite Sohn einmal erben? Über dieser Frage brütete mein Ur-Opa schon, als mein Opa noch keine zehn Jahre alt war. Die Antwort fand er in Maria Alm. Er entdeckte mitten im Ort einen alten Stadl, kaufte ihn, riss ihn ab und baute an seiner statt einen Gasthof mit neun Zimmern, den mein Großvater dann 1961 im Alter von 18 Jahren eröffnete. Das ist heute unser Hotel Eder, das noch immer mitten im Dorf, direkt neben der Kirche, sitzt. In diesem Haus bin ich quasi groß geworden. 

Also war von Anfang an klar, dass Du in die Hotellerie gehst? 

Nein, gar nicht. Ich wollte anfangs nicht in die Hotellerie, obwohl wir im „Eder“ eigentlich eine schöne Kindheit hatten. Wir waren nie allein, lernten von klein auf, mit verschiedensten Charakteren aus verschiedensten Nationen ohne Scheu umzugehen, und bekamen das Wesen der Gastgeberschaft, dieses Herzblut, von der Mama und den Großeltern automaSonderteil Ferienhotellerie 27 

tisch mit. Auf der anderen Seite waren vor allem die 1990er- Jahre eine große Herausforderung für die Familie. Zum einen boomte der alpine Tourismus, was sehr viel Arbeit bedeutete. Zum anderen verstarb mein Vater sehr jung. Trotzdem musste meine Mutter stark sein, für uns Kinder und den Betrieb. Für mich war bald klar: Ich will etwas anderes. Ich ging nach Innsbruck und studierte Architektur. Dann holte mich doch die Reisebranche insofern ein, als ich noch ein Tourismusstudium anschloss. Im Zuge dessen reiste ich sehr viel, vor allem nach New York und Asien. Dort entdeckte ich allerhand Neues, Spannendes, auch im Bereich der Hotellerie. Und eines Tages erkannte ich, wie schön es sein könnte, den Familienbetrieb weiterzuführen – wenn ich ihn so veränderte, dass es mir Spaß macht. So kam ich nach Hause zurück. Seither ist viel passiert … 

Auf jeden Fall. Statt eines Hotels mit 15 Mitarbeitern umfasst die „Eder Collection“ heute drei Hotels mit insgesamt fast 500 Betten und 120 Mitarbeitern. Wann bist Du in den Betrieb zurückgekommen? 

2009 bin ich in die Geschäftsführung eingestiegen und investierte sofort. Betriebsübernahmen sind vor allem in der dritten Generation oft schwer, denn die Profilierung am Markt ist nicht immer einfach. Einerseits muss man den Bestand modernisieren und das Angebot optimieren, andererseits muss man sich im Sinne eines Markenaufbaus nach außen neu aufstellen. Ich wollte unseren Gasthof im Ort schrittweise als modernes alpines Lifestyle-Hotel positionieren. Dabei mussten wir den Spagat zwischen der wirtschaftlichen Weiterentwicklung des eigenen Betriebs, unseren Wurzeln und dem örtlichen Dasein meistern. Gerade wenn man wie wir mittendrin sitzt, ist der behutsame Umgang mit dem Dorfkern und ein Konzept, das die Region im Gesamtkontext im Blick hat, sehr wichtig. 

Wie hast Du den Gasthof Eder in das Hotel verwandelt, das Dir Spaß macht? 

Mein Opa und meine Mutter hatten den Betrieb schon um einen Speisesaal, ein Apartmenthaus und einen Wintergarten sowie Zimmer erweitert, aber ich verdoppelte die Kapazitäten in einem komplett neuen Stil auf 60 Zimmer, baute dann den Eingang, die Rezeption und die Hotelbar um, ergänzte einen großen Spa und erhöhte erneut auf 72 Zimmer. Zuletzt folgte ein Tagungsbereich. Mir war wichtig, dass wir mit unserem neuen Profil weiter eine sehr herzlich-gesellige Sprache sprechen, nah am Gast sind, aber auch Einheimische einbeziehen. So stehen all unsere Häuser auch den Maria Almern offen. Gleichzeitig wollte ich den Spirit der jungen, urbanen Boutique-Hotellerie in den Alpenraum bringen. Die Konzepte von 25hours, Moxy und – allen voran – Max Brown faszinieren mich. Ich will genau das mit einem spannenden Twist aufs Land übertragen. Internationale Urbanität trifft alpine Regionalität. 

Und getreu diesem Motto kam nach dem Hotel Eder 2018 der „Eder Sepp“ auf den Markt. 

Ja, und wie der kam. Das ist ein super-cooles Haus geworden, das uns in der Entwicklung total viel Spaß gemacht hat. Für den Sepp haben wir ebenfalls mitten im Dorfkern von Maria Alm ein Grundstück gekauft und ein Boutique-Hotel für Gäste ab 21 Jahren errichtet. Es hat 40 Zimmer und ist in seiner Gestaltung sehr „exSepptionell“ … 

Aha! Und das heißt? 

Das heißt: sehr unerwartet. Sepp bewegt sich weit abseits der gewohnten alpinen Hotelpfade, wir haben uns hier kreativ ausgetobt. Schon die Fassade hat von Anfang an für Furore gesorgt: Sepp besteht aus zwei Baukörpern, die durch ein Atrium verbunden sind. Den einen Trakt haben wir üppigst mit urigem Altholz verkleidet, während der andere schlicht mit viel Glas gestaltet ist. Das Detail, das die Fassade aber am auffälligsten ziert, ist der silberne Airstream: ein Oldtimer-Wohnwagen aus den USA, der über das Flachdach des Glasbaus nach außen ragt und auf dessen schwarzem Unterboden in weißen Lettern „Don’t panic“ steht. Soll so viel heißen wie: Keine Sorge – der fällt nicht vom Dach.

Bild: Eder Hotels GmbH

Das zweite Haus der „The Eder Collection“ – der „Eder Sepp“ – hat 2018 eröffnet. Ein Boutique-Hotel für Erwachsene und alle, die älter als 21 Jahre sind. Sonderteil Ferienhotellerie 28 

 

Das ist beruhigend. Aber was macht der Airstream denn überhaupt auf dem Dach? 

Für Furore sorgen (schmunzelt). Einen Infinity-Pool hat ja schon jeder auf dem Dach. Der Sepp zwar auch, aber wir wollten hier noch etwas, worüber man spricht. Auf meinen Reisen habe ich zum Beispiel in Asien auf Dächern oft Wohnwägen gesehen. Das fand ich so cool, das wollte ich auch. Und ich denke, jede Alpenfassade – oder vielleicht auch jedes Haus überhaupt – braucht einen gestalterischen Gegensatz, einen sinnbildlichen Truck auf dem Dach. In unserem haben wir Saunen untergebracht. Ganz oben sitzt im Sepp nämlich der Wellnessbereich, aber zudem auch alle öffentlichen Nutzungen, inklusive Rezeption, Loungearea mit Bar und Kamin sowie eine Live-Cooking-Station mit großem Steintisch. Ein Dachboden im Open-Space-Konzept, wo sich alle Leute in ungezwungener Atmosphäre begegnen. Die Gäste sehen das nicht wie ein Hotel, sondern eher wie ihr Wohnzimmer. 

Ein Stück weit ein wirkliches Zuhause. Kein „anonymes“ Hotel also? 

Anonymes Hotel ist ein gutes Stichwort. Hotels mit langen, unpersönlichen Fluren – in der Stadt mag das okay sein, aber im Sepp wollten wir die Gänge „aufbrechen“. Die Idee war eine Gasse, in der eine kleine Wohneinheit auf die andere folgt, mit einzelnen Haustüren und einem Vorraum, wo Fahrräder und Skier stehen können. Und wir wollten bewusst Transparenz nach innen schaffen, damit sich die Leute auch hier besser begegnen, sich schneller kennenlernen können. Daher haben wir Teile der Flurwände verglast und im Zimmer mit Vorhängen versehen. Die Gäste entscheiden selbst, wie viel Privatheit sie möchten. Diese Idee ist aufgegangen – auch insgesamt das Konzept des Dachbodens. Mitarbeiter und Gäste begegnen sich im Sepp sehr offen. Das hat nicht zuletzt den Vorteil, dass meine Frau und ich nicht immer präsent sein müssen, um das Wir-Gefühl zu fördern, das uns so wichtig ist. Die Community entsteht in sich selbst. 

Stammen all die Ideen und die Architekturleistung von Dir? 

Die Basis bilden anfängliche Handskizzen und Moodboards, die ich für die Designs mache. Auch die Abläufe in der Gastronomie definiere ich mit meiner Frau, die ebenfalls aus der Branche kommt. Aus diesen Unterlagen entsteht im Dialog mit dem Architekturbüro MAB aus Kaprun, das alle unsere Häuser begleitet hat, der Gesamtentwurf. Hierfür sehen wir uns Bedürfnisse und Trends an, entwickeln daraus aber immer etwas Eigenes, weil wir zeitlos und authentisch sein wollen. Das erreicht man vor allem, wenn man selbst stark mitplant. Wer das nicht macht, bekommt andere Ideen „verkauft“. 

Was ist Euer deutlichstes Alleinstellungsmerkmal? 

Unsere Kreativität und unsere Liebe zum Detail. 

Ist Dir Kreativität, sprich eine Story, wichtiger als Design? 

Die Geschichte ist für mich essenziell, denn genau damit drücken wir etwas „Eigenes“ aus. Das zeigt sich bei unserem jüngsten Spross, der Eder Frida, am deutlichsten. Als Aufhänger für das Hotelkonzept haben meine Frau und ich wirklich ein Buch, ein Hörbuch, einen Song und kleine Pixi-Bücher geschrieben. Sie alle erzählen die Geschichten, die die fiktive Tante Frida, die Gastgeberin im Hotel, auf ihrer Reise um die Welt erlebt hat. Im Grunde sind das – kindgerecht übersetzt – meine Erlebnisse, denn genau wie ich ist Frida ausgezogen, um heimzukommen. Aber auch in unseren anderen Häusern geht es mir stark um die Story. Im Sepp inszenieren wir das exklusive Zusammensein in einem ganz besonderen Haus und im Hotel Eder das Mittendrin-Gefühl im echten Dorfgeschehen. 

Zur Eder Collection gehören noch „Tom“ und „Maria & Josef“. Was hat es damit auf sich? 

Die Almhütte Tom ist ein Projekt meines Bruders, wir haben aber unter anderem bei der Entwicklung der Marke zusammengearbeitet. Der modern-alpine Neubau thront mit seinem Maskottchen, dem Mops Choupette, auf dem Gipfel unseres Hausbergs und fokussiert auf stylishe Gastronomie sowie Events. Übernachten kann man hier leider nicht. Und Maria & Josef ist unser „Consepp Store“ – entstanden, weil wir es in Urlaubsorten immer geliebt haben, nach Mitbringseln zu stöbern. Also haben wir auch auf dem Maria Almer Dorfplatz einen Shop eröffnet. Hier verkaufen wir unter anderem unsere Merchandising-Artikel, beispielsweise hochwertige T-Shirts. Beim Namen des Stores wollten wir wieder Bezug auf Personen nehmen. Und weil Maria Alm ein Wallfahrtsort ist, haben wir uns das berühmteste Paar der katholischen Kirche ausgesucht. Ein Paar sollte es sein, weil es in dem Laden für Mann und Frau alles gibt. 

Was sagt der Rest der Familie zu all Deinen Ideen und Veränderungen? 

Die freuen sich total, weil es ihnen auch gefällt und weil das Feedback der Gäste so gut ist. 

Und was habt Ihr als Nächstes vor? 

Wir wollen auf jeden Fall den Sepp noch erweitern, aber momentan gewöhnen wir uns noch daran, dass unser Betrieb doch ordentlich und schnell gewachsen ist. Das ist schon auch eine Herausforderung … 

Sandra Hoffmann

https://www.hotelbau.de/